Emotionen und Gefühle, gibt es einen Unterschied?

von Dr. rer. nat. Marlies Koel

Emotionen und Gefühle werden in unserem Alltagsvokabular synonym gebraucht.

Was sind Emotionen und was sind Gefühle?

Dies stiftet unbewusst Verwirrung und Orientierungslosigkeit. Wenn wir dann noch die Definition von Krankheit hinzunehmen, die möglicherweise ein Symptom eines verirrten Lebens ist und durch ihr Dasein das Tempo falscher Bewegung drosselt, um so den Weg zu sich zurück zu finden- dann können wir einen Perspektivenwechsel vornehmen. Krankheit als eine Chance der Rückbesinnung. Sie dient uns, um eine neue innere Ordnung herzustellen, denn die Seele kann weder schreiben noch sprechen.

Ich nutze die Definition von Dr. Peter Reiter, um den Unterschied zwischen Emotion und Gefühl aufzuzeigen. Es erleichtert das Verstehen und den Zugang für die Heilung. Der Mensch ist ein Empfindungswesen, und wir haben viele Begrifflichkeiten, um auszudrücken, wie wir uns fühlen und wie es uns geht.

Emotionen entstehen in „emotionsgeladenen“ Momenten. Sie beschreiben einen Empfindungszustand mit hoher energetischer Ladung. Wenn ich zum Beispiel die Wut als Emotion in mir trage, bedeutet dies: Die Wut hat mich. Ich bin sozusagen mit der Wut identifiziert und nicht ich habe die Wut. Je nachdem um welche Emotion es sich handelt, tue ich alles um nicht damit in Berührung zu kommen oder sogar das Gegenteil. Wir entwickeln unsere diversen Strategien.

Gefühle kommen und gehen, ich bin nicht damit identifiziert. Wenn ich zum Beispiel die Wut als Gefühl habe, so fühle ich die Empfindung Wut und kann diese mit einer gewissen Distanz wahrnehmen, durchfühlen und durchempfinden. Wenn wir uns darauf einlassen, sind wir in der Lage die eigene Bewertung darin zu erkennen. Wir können uns anschauen, mit welcher „Geschichte“ ein Zusammenhang besteht. Auf diesem Weg lernen wir uns besser kennen und lassen diese Geschichte aus sich selbst sprechen. Auf diese Weise finden wir einen neuen Zugang zu uns.

Gefühle kommen und gehen. Wir sind nicht unsere Gefühle und somit nicht mit ihnen identifiziert. Positive wie negative Gefühle gehören zum Empfindungsspektrum des Menschen. Wenn wir das Gefühl haben, wir scheitern an einer Situation, dann scheitern wir in Wahrheit an unseren Emotionen und nicht an unseren Gefühlen.

Unsere Emotionalität bestimmt unsere Wirklichkeit: Emotionen haben uns – und wir haben Gefühle. Dies ist vergleichbar mit der geläufigen Aussage zur Angst: „Die Angst hat mich“ oder „Ich habe Angst“.

Vereinfacht formuliert: Ich bin nicht das Gefühl, während ich die Emotion sein kann. Es ist die Welt der Emotionen, in der immer wieder Unklarheit herrscht und die zu Verstrickungen führt, die uns in der Regel nicht bewusst sind. Die Unklarheiten und Verstrickungen belasten. Diese Beschwernis muss kompensiert werden und drückt sich manchmal in Form von Krankheiten, Aggressionen oder Übersprungshandlungen aus.

Jesper Juul, ein dänischer Familientherapeut, sagte in einem Interview, dass Kinder, die ihre Emotionen nicht durchleben dürfen, keinen Selbstwert entwickeln können. Dies ist eine spannende Aussage. Sie weist eindeutig darauf hin, wie wichtig es ist, nicht nur den Kindern, sondern auch uns den Raum und die Zeit für das Fühlen zu geben. Das Durchfühlen dürfen ist unabdingbar, um von der Emotion ins Gefühl zu gelangen. Denn Gefühle kommen und gehen.

Wenn wir aufhören zu fühlen, verlieren wir nicht nur den Kontakt zu uns selbst und den anderen, sondern auch zur Natur, zur Erde und zu dem Leben.

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