Ich entscheide, wer ich bin
von Dr. rer. nat. Marlies Koel
Die Macht unserer Entscheidungen
Die Art und Weise, wie jeder Mensch sich selbst und die Welt sieht, beruht auf unbewussten Entscheidungen, die in der frühen Kindheit getroffen werden. Meine Wahrnehmung ist meine Wahl und damit habe ich unbewusst entschieden, mit „welcher Brille“ ich die Welt und mich selbst sehe – darin liegt die Macht meiner Entscheidungen. Ich entscheide, wie ich mich und die Welt sehe.
Wenn ich entscheide, bin ich auch eigenverantwortlich oder überlasse ich die Entscheidungsgewalt über mein Leben anderen?
Was wäre, wenn wir nur ein eingefrorener Moment aus unserer Kindheit wären? Dass wir selbst entschieden haben, wer wir sind, und niemand sonst, weder unsere Eltern noch unsere Umwelt. Die Annahme ist, dass wir in der frühen Kindheit entscheiden, wer wir sind. Diese Entscheidungen werden auf einer unbewussten Ebene getroffen. In einem Moment, in dem wir emotional gekränkt, schockiert, wütend, verzweifelt usw. waren und dies existentiell erlebt haben und wir diese Emotionen von damals in der Regel nie wieder erleben und fühlen wollen. In diesem Moment haben wir unbewusste Entscheidungen darüber getroffen, wer wir sind, wie wir uns selbst, die anderen und die Welt sehen, wie das Leben ist und mit welcher Überlebensstrategie wir es meistern. Es gibt immer einen Mangel. Unerfüllte Bedürfnisse begleiten unser Leben und wir entscheiden, wie wir damit umgehen. Als Kind treffen wir diese Entscheidungen unbewusst. Als Erwachsene können wir konstruktiv hinterfragen, neu entscheiden und handeln. In der Regel entscheiden wir uns, vereinfacht gesagt, dafür, dass das Glas halb leer statt halb voll ist. Aus diesem Mangel an nicht erfüllten Bedürfnissen heraus treffen wir unsere Entscheidungen.
Als Arbeitsmodell: Wir kommen früh an einen Punkt, an dem wir emotional extrem belastet sind. Wir interpretieren die Situation, bewerten sie und treffen Entscheidungen auf unbewusster Ebene. Natürlich gibt es viele Möglichkeiten, so vielfältig wie wir sind, und doch liegt dem ein einfaches Muster zugrunde. In der Regel entscheiden wir, dass „das Glas halb leer ist“. Unser aktivierter Überlebensreflex und unsere damalige Bedürfnislage spielen dabei eine wichtige Rolle. Diese frühen Erfahrungen mit den entsprechenden Entscheidungen beeinflussen unser ganzes Leben. Sie werden zu unserer Lebensgeschichte. Wir können von daher von einem biologischen und einem emotionalen Alter sprechen. Wir haben nur ein biologisches Alter und eine ganze Reihe von emotionalen Altersstufen In herausfordernden Situationen verhalten wir uns oft wie in der Kindheit, nur dass sich unsere Überlebensstrategien verfeinert und den Umständen angepasst haben.
Als Kinder können wir unser Leben nur in der Gemeinschaft, in der Sippe, in der Familie meistern. Unser Bedürfnis nach einem sicheren Nest, nach Platz und Zugehörigkeit sind wichtige Grundbedürfnisse neben anderen. Wir alle wollen überleben und haben es geschafft, manchmal trotz widriger und schwieriger Umstände. Das gilt es zu würdigen. Denn wir haben auf dem Weg des Überlebens viele Fähigkeiten entwickelt, die uns geblieben sind und die wir konstruktiv nutzen können. Unsere Sehnsucht heute ist zu leben. Das ist etwas anderes.
Wir sind darauf eingestellt, dass uns unsere Bedürfnisse erfüllt werden. Das kann so weit gehen, dass wir von Geräten, Nahrungsergänzungsmitteln oder ähnlichem erwarten, dass wir wieder funktionieren, dass sich Konflikte von selbst lösen, dass wir einer Norm entsprechen etc. Dieser Ansatz funktioniert nur vorübergehend und begrenzt. Die Veränderung beginnt mit uns: Wenn wir ein anderes Leben wollen, haben wir in uns selbst zu schauen und zu entdecken, wie wir funktionieren, welchen Glaubenssätzen und Werten wir folgen. Wir haben immer die Möglichkeit hinzuschauen, neu zu entscheiden und zu handeln. Wir sind die Schöpfer und Gestalter unseres Lebens.
Wir können schnell zu Funktionseinheiten und Erwartungserfüllungsanstalten werden, weil wir dem Druck nicht standhalten können, weil das Bedürfnis nach Zugehörigkeit groß ist.
Krisen sind Geschenke in unserem Leben: Wir bekommen die Chance zu einem „Update“. Der Perspektivwechsel führt zu neuen Entscheidungen und Handlungen, zu mehr Authentizität und Leben.
Ich verwende gerne das Beispiel der Gänge im Auto: Wir leben zunächst mit nur einem Gang, dem Überlebensgang. Fahren wir normaltourig, sprich mit normaler Geschwindigkeit, funktioniert alles und wir stellen unser Leben selten in Frage. Wir können auch hochtourig, zu schnell oder langsam fahren, und es ist bleibt immer noch ein Gang, der Überlebensgang. Heute haben unsere Autos fünf oder sechs Gänge. Das gibt uns die Möglichkeit, weitere Gänge -Lebensgänge - hinzuzufügen. Je nach Lebenssituation können wir den Gang wählen. Es ist unsere Entscheidung.
Aus meiner Sicht ist es gut, wenn wir lernen, in Möglichkeiten zu denken. In diesem Sinne gibt es kein richtig oder falsch. Entscheidend ist heute unsere innere Haltung, die Herausforderungen unseres Lebens als Wachstumschancen anzunehmen, ist entscheidend. Denn jeder ist für sein Lebensglück selbst verantwortlich.