Lebe ich oder werde ich gelebt

von Dr. rer. nat. Marlies Koel

Wir leben in einer Welt der permanenten Anforderungen, hetzen durchgetaktet durch den Alltag und selbst die Freizeit ist durchorganisiert. Der Winter ist die Zeit der Rückbesinnung und Ruhe – das Leben zieht sich in sich zurück. Nutzen wir die Zeit zur inneren Einkehr – weg von der äußeren Welt hin zu uns. Achtsam und liebevoll unsere innere Welt entdecken und hinterfragen.

Die Frage könnte lauten, wo sind wir in unserem Leben? Wer sind wir? Wer sind wir wirklich? Wie groß ist unsere Selbstfürsorge? Nehmen wir uns die Zeit und den Raum um zu sinnieren, um uns zu empfinden und um wieder bei uns selbst anzukommen? Uns nicht in Rollen zu verlieren oder nach irgendwelchen Konzepten zu leben. Das Leben ist Vielfalt und diese benötigen wir auch in unserem Menschsein um achtsam zu einem gelingenden Miteinander zu kommen.

Für mich ist hierfür die Metapher des Apfelbäumchens ein schönes Beispiel.

Was macht ein Apfelbäumchen?

Was kann uns die Metapher des Apfelbäumchens lehren?
Es ist ihm egal ob kleine oder große Apfel wachsen, ob sie der Euronorm entsprechen oder nicht, ob die Äpfel fleckig oder glatt sind, es macht jedes Jahr aufs Neue Äpfel.
Es interessiert sich nicht, ob die Äpfel geerntet werden, ob sie zu Boden fallen, ob sie von Tieren oder Menschen gegessen werden oder nicht, es macht jedes Jahr aufs Neue Äpfel.
Es kommt nicht auf die Idee Birnen oder quadratische Tomaten oder sonst was zu machen, es macht jedes Jahr aufs Neue Äpfel.
Es macht das, wofür es bestimmt ist.

Was hat die Metapher des Apfelbäumchens mit uns zu tun?

Wir werden alle in einer Welt der Erwartungen groß und lernen uns über Leistung und Erfolg zu definieren. Wir möchten Lob und Anerkennung bekommen, möchten gesehen und gehört werden und einfach ein grundloses JA zu uns haben.

Die Frage ist, was hat Leistung mit uns zu tun? Ab der Schule werden unsere Leistungen bewertet, genauso wie während unserer Ausbildungszeit und später auch über Zielvereinbarungen oder ähnlichem im Berufsalltag. Berührt dies den Aspekt wer wir wirklich sind?

Geht es um mich oder um mich als Funktionseinheit und Erwartungserfüllungsanstalt? Diese Aspekte wirken bereits ab der Geburt und viele von uns kennen Sprüche wie „du bist ein liebes Kind, wenn ...“ oder „was sollen die Nachbarn denken“ oder „ich schäme mich deiner“ usw.

Das Apfelbäumchen als Metapher interessiert sich nicht für Erwartungen und Leistungen, sondern es folgt seinem Lebensplan und tut das wofür es gekommen ist – es macht Äpfel.

Wieviel Zeit nehmen wir uns um uns selbst kennen zu lernen und die angelegten Talente und Fähigkeiten zu entwickeln.  Wie groß ist unsere Bereitschaft den Herausforderungen des Lebens konstruktiv zu begegnen und für unsere Entwicklung zu nutzen. Unsere Rollen und Glaubenssätze, uns selbst zu hinterfragen. Erkenne Dich selbst stand bereits über dem Orakel von Delphi und die Grundfragen des Menschen -wo komm ich her, wer bin ich, wo geh ich hin- haben an Aktualität nichts verloren.

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