Unterschied Emotion - Gefühl
Der emotionale Weg der alleingeborenen Zwillinge – Zwischen Emotion und Gefühl
Liebe Leserinnen und Leser,
mit dem Dezember kehrt die ruhige Zeit des Jahres ein. Eine Zeit, die uns zum Nachdenken und Fühlen einlädt. Für viele Menschen ist die Weihnachtszeit mit Gefühlen von Freude, Nähe und Wärme verbunden – doch für manche bedeutet diese Zeit auch Einsamkeit, Traurigkeit und emotionale Belastung. Besonders alleingeborene Zwillinge, also jene, die ihren Zwilling im Mutterleib verloren haben, tragen oft tiefe Emotionen mit sich, die sie durch das ganze Leben begleiten.
Diese Emotionen – Traurigkeit, Schuld, Zweifel, Angst und Einsamkeit – sind tief im Unbewussten verankert. Sie stammen aus einer Zeit, in der es keine Worte gab, sondern nur Empfindungen. Das Kind, das einmal eins mit einem anderen Leben war, spürt plötzlich die Leere und den Verlust. Dieses Gefühl der Wertlosigkeit und des Mangels hinterlässt tiefe Spuren: „Ich war es nicht wert, dass der Zwilling geblieben ist. Ich bin nie genug.“ Diese innere Überzeugung treibt viele alleingeborene Zwillinge dazu, sich durch Höchstleistungen Anerkennung und Wert zu erarbeiten. Doch egal, wie viel sie erreichen, es scheint nie genug zu sein.
Emotionen und Gefühle – Ein entscheidender Unterschied
In diesem Zusammenhang ist es wichtig, den Unterschied zwischen Emotion und Gefühl zu verstehen. Oft verwenden wir diese Begriffe synonym, doch sie beschreiben unterschiedliche Ebenen unseres Erlebens. Emotionen sind starke, aufgeladene Empfindungen, die uns regelrecht überfallen können. Sie haben uns in der Hand – wir sind in der Emotion gefangen. Gefühle hingegen kommen und gehen. Sie sind Teil unseres natürlichen Empfindungsspektrums, aber wir sind nicht mit ihnen identifiziert.
Dr. Peter Reiter erklärt diesen Unterschied anschaulich: Emotionen entstehen in Momenten hoher energetischer Ladung, wie etwa Wut, Traurigkeit oder Angst. Wenn ich die Wut als Emotion erlebe, dann „hat“ die Wut mich. Ich bin mit ihr identifiziert und kann mich kaum davon lösen. In diesem Zustand steuern die Emotionen unser Handeln – oft unbewusst und automatisiert.
Gefühle hingegen sind flüchtig. Wenn ich Wut als Gefühl habe, dann nehme ich sie bewusst wahr, doch ich bin nicht mit ihr verschmolzen. Ich kann sie beobachten, durchfühlen und sie schließlich auch wieder loslassen. Gefühle kommen und gehen, sie sind ein natürlicher Teil unseres Lebens. Emotionen hingegen können sich tief in uns festsetzen, uns beherrschen und uns krank machen, wenn wir sie nicht bewusst bearbeiten.
Die emotionale Welt der alleingeborenen Zwillinge
Für alleingeborene Zwillinge ist die Welt der Emotionen besonders komplex. Der Verlust, der noch vor der bewussten Wahrnehmung des „Ichs“ geschah, hat sich tief ins Zellgedächtnis eingebrannt. Zu diesem Zeitpunkt gab es kein Zeitempfinden, keine bewusste Sprache – nur eine reine Empfindungswelt. Diese frühen emotionalen Eindrücke sind wie in Stein gemeißelt und begleiten die Betroffenen oft ein Leben lang. Die Trauer über den Verlust, die Schuld, nicht „genug“ gewesen zu sein, und die ständige Angst, nicht zu genügen, prägen das Erleben dieser Menschen.
Diese Emotionen sind es, die viele alleingeborene Zwillinge zu Höchstleistungen treiben – im Versuch, das Gefühl der Wertlosigkeit zu überwinden. Doch was oft bleibt, ist das Empfinden, dass es nie genug ist. Dass egal, wie viel erreicht wird, das innere Loch nicht gefüllt werden kann. Es ist, als ob die Emotionen das Leben bestimmen, ohne dass man wirklich die Möglichkeit hat, sie bewusst zu durchfühlen und zu verstehen.
Der Weg zur Heilung – Vom Emotionserleben zum Fühlen
Der Weg aus dieser emotionalen Verstrickung beginnt damit, Emotionen zu erkennen und sie vom Gefühl zu unterscheiden. Denn nur wenn wir uns unserer Emotionen bewusst werden, können wir beginnen, sie zu durchfühlen und loszulassen. Gefühle gehören zum Leben, doch Emotionen können uns festhalten und uns daran hindern, wirklich in Kontakt mit uns selbst zu kommen.
Jesper Juul, ein dänischer Familientherapeut, sagte einmal: „Kinder, die ihre Emotionen nicht durchleben dürfen, entwickeln keinen Selbstwert.“ Das Gleiche gilt für Erwachsene. Wenn wir unsere Emotionen nicht durchleben und verarbeiten, können wir keinen wirklichen Zugang zu unseren Gefühlen finden – und verlieren den Kontakt zu uns selbst und zu anderen. Gefühle kommen und gehen, aber Emotionen, die nicht gefühlt werden, bleiben stecken.
In der Weihnachtszeit, wenn Emotionen oft besonders stark werden, ist es wichtig, sich bewusst Zeit zum Fühlen zu nehmen. Es geht nicht darum, die Traurigkeit oder Angst zu verdrängen, sondern sie zuzulassen und durch sie hindurchzugehen. Denn nur so können wir uns selbst wieder spüren und den Kontakt zu unseren wahren Gefühlen herstellen.
Abschied vom Jahr – und von alten Emotionen
Während wir das Jahr 2023 verabschieden, können wir uns fragen: Welche Emotionen haben mich dieses Jahr begleitet? War ich oft in einem Zustand der Anspannung, der Trauer oder des Zweifels gefangen? Und habe ich mir die Zeit genommen, diese Emotionen wirklich zu durchfühlen und zu verstehen? Vielleicht ist die ruhige Zeit im Dezember eine Gelegenheit, alten emotionalen Ballast loszulassen und einen neuen Zugang zu den eigenen Gefühlen zu finden.
Lasst uns diesen Dezember nutzen, um innezuhalten, die Emotionen anzuerkennen, die uns begleiten, und sie in Gefühle zu verwandeln, die kommen und gehen dürfen. Denn nur so können wir inneren Frieden und Selbstwert finden.
Herzliche Grüße,
Marlies
Ergänzung:
Was wäre, wenn du dich selbst -das kleine zurückgelassene Wesen, das du bist- zart in deine Hände nimmst und den Anweisungen des unten stehenden Gedichts von Alexandra Thoese folgst.
Kannst du dich darauf einlassen?
Behutsam
nehme ich dich in meine Hände
und wiege dich in mein Herz.
Dort darfst du weilen.
Für immer.
Schreibe mir gerne, was es in Dir ausgelöst hat. E-Mail
P.S.:
Im Rahmen des Kongresses „Raus aus Angst, Sorgen und Mutlosigkeit“ hielt ich einen Vortrag zum Thema: Der verlorene Zwilling und DU - eine mögliche Ursache für Ängste und Mutlosigkeit?
Mehr zu meinem Vortrag unter:
https://www.onlinekongresswelten.de/vortrag/der-verlorene-zwilling-und-du-eine-mogliche-ursache-fur-deine-angste-und-mutlosigkeit
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