Anmerkungen zum Weg des Ypsilons
by Dr. rer. nat. Marlies Koel
Ich beschäftige mich mit dem Thema „Entscheidungen“ und ihren Auswirkungen auf verschiedenen Ebenen, die natürlich fließend sind. Das ganze Leben besteht aus Entscheidungen. Ein Schwerpunkt ist der Bereich, wie frühe, unbewusste Entscheidungen uns zu dem machen, wer wir sind. Der andere Teil beschäftigt sich mit der Logik von Lösungen. Ein weiterer Teil beschäftigt sich mit menschlichen, emotionalen Grunderfahrungen, sowie anderen Lebensgeschichten, um neue Möglichkeiten aufzuzeigen: Lebenswege mit neuen Handlungskompetenzen und Räumen.
Der Weg des Ypsilons ist ein Weg der Selbsterfahrung. Es ist ein erlebendes, erfahrbares, aktives Fühlen dessen, was ist und was möglich ist. Durch die körperliche Bewegung kommen wir leichter in Kontakt mit unseren Empfindungen. Das Ypsilon als metaphorisches System macht uns unsere Entscheidungen, vor allem die unbewussten, erlebbar. Wir entdecken unser Lebensgrundmuster und unser Lebenscredo. Oft können wir es in drei oder vier Worten beschreiben und auf den Punkt bringen.
Das Ypsilon hat zwei Schenkel, die für Überleben und Lebens stehen. Unsere frühkindlichen existentiellen Erfahrungen führen zu unbewussten Entscheidungen, die unser Überleben sichern. Dieser Überlebensweg entwickelt sich im Laufe unseres Lebens weiter, ebenso wie Fähigkeiten und Talente. In der Regel können wir uns an die auslösende Situation nicht mehr erinnern. Aber es ist ein Weg, um einen Mangel zu kompensieren. Unsere Konzepte und Überzeugungen, die unsere Sicht auf uns selbst und die Welt bestimmen, und auch unsere Psychosomatiken sind dort entstanden. Sie beruhen auf frühkindlichen, unbewussten Entscheidungen, als wir in der Regel noch nicht sprechen konnten. Diese frühen Grundsatzentscheidungen bestimmen unser ganzes Leben, privat wie auch beruflich. Der Weg des Ypsilons ist eine spannende Reise zu uns selbst. Wir können unser Lebenscredo und seine Auswirkungen erfahren und uns neu entscheiden, denn unsere Sehnsucht ist ein Leben.
Im Folgenden einige Anmerkungen zum Weg des Ypsilons. In der aktiven Arbeit mit dem Weg des Ypsilons zeigt sich, wie unglaublich ähnlich und gleichzeitig einzigartig wir Menschen sind. Die Lebensgeschichten sind immer individuell, auch wenn manche Grundmuster ähnlich sind. Wir sehen uns selbst und entdecken unsere tiefsten Lebensmuster, nach denen wir leben. Wir ergreifen die Chance, uns neu zu entscheiden und unseren Lebensweg aktiv zu gestalten, indem wir die Neoplastizität des Gehirns nutzen. In dem Prozess lernen wir, uns mit anderen Augen voller Mitgefühl zu begegnen, werden gesehen und unterstützt.
Der Kreuzungspunkt ist der Punkt, an dem uns eine als existentiell, emotional belastende Situation mit den unbewussten Entscheidungen zu dem Weg des Überlebens führt. An diesem Punkt beruhen unsere Entscheidungen auf Angst basierten Gedanken oder anderen als bedrohlich erlebten Empfindungen. Sei es, dass die eigenen Bedürfnisse nicht erfüllt werden oder die Angst, den Platz und die Zugehörigkeit zu verlieren, die Mutter oder Eltern zu verlieren, selbst in seinem Überleben bedroht zu sein. Die Ursachen sind vielfältig.
Wichtig ist, dass beide Wege Möglichkeiten sind. Die Überlebenswege haben es uns ermöglicht zu überleben, und das haben wir gemeistert. Sie sind mehr oder weniger konstruktiv. Auf dem Überlebensweg sind wir vielfach von den äußeren Erwartungen bestimmt und wir funktionieren nach den entsprechenden Mustern. In unserem späteren Leben als Erwachsene zeigen uns unsere Krisen, Krankheiten und andere Herausforderungen des Lebens unser tiefes Bedürfnis nach einem Leben, in dem wir uns den Raum geben, um authentisch und autonom zu sein und frei neue Möglichkeiten zu entdecken. Es ist unsere Chance, neu zu entscheiden. Unsere Achtsamkeit, die Bereitschaft zur Selbstreflexion und den Mut, uns immer wieder für unsere Selbstentwicklung neu zu entscheiden, sind gefordert. Es entsteht ein neuer Raum für ein Miteinander mit uns selbst, mit anderen Menschen, Kulturen, Gesellschaften, mit der Natur, der Erde und dem Leben. Es entsteht ein Raum, in dem wir lernen, mit Herausforderungen konstruktiv umzugehen und in dem sich neue Möglichkeiten eröffnen. Eine Entscheidungs- und Handlungskompetenz kann entstehen und wir werden zunehmend zum Schöpfer unseres Lebens. Wir lernen, wieder mit dem Herzen zu fühlen, unserem Herzen zu folgen und auf dieser Ebene zu entscheiden. Der ewige innere Krieg mit all dem Für und Wider, Zweifeln, Kämpfen und Ängsten kann aufhören. Wir können uns in uns selbst beheimaten und auf den Wellen des Lebens surfen.
Natürlich kann der Mensch sich auch bewusst für den Überlebensweg entscheiden. Dies ist manchmal sehr sinnvoll, um das Ausmaß dessen zu entdecken. Manchmal ist die größte Veränderung, wenn wir bewusst und achtsam dabei bleiben, um uns dann zu einem späteren Zeitpunkt neu zu entscheiden.
Die aktive Arbeit mit dem Ypsilon lässt uns erfahren, wie sehr wir von uns selbst entfernt und abgespalten sein können. Es zeigt auch, dass in einem Prozess jederzeit neue Wege und Lebenswege möglich sind. Wir können uns bewusst dafür entscheiden. Es ist ein sehr individueller Prozess: diesen achtsam und in der Bewegung zu durchschreiten und alle Empfindungen wahrzunehmen. Auf dem Überlebensweg finden wir das frühkindliche Schwarz-Weiß-Denken und das „ Entweder-oder“, während wir auf dem Lebensweg die Möglichkeiten des „Sowohl als auch“ und das „Und“ entdecken. Fehler können zu Erfahrungen und Chancen werden. Sie sind nicht mehr mit einem vermeintliches Versagen verbunden. Ein Nein von außen bedeutet nicht mehr eine Ablehnung der eigenen Person, sondern lediglich, dass das Gegenüber eine andere Bedürfnislage hat.
Zum Schluss: Beide Wege sind Möglichkeiten und beide Wege, sowohl der Überlebensweg als auch der Lebensweg, sind zu bejahen. Auf dem Lebensweg ist es leichter mit den Ungewissheiten des Lebens umzugehen: Nichts ist in Stein gemeißelt. Es bedarf unserer Achtsamkeit und der Bereitschaft, uns immer wieder zu hinterfragen und uns selbst zu begegnen, immer wieder den Blickwinkel zu wechseln und zu lernen, an uns selbst zu glauben.
Gerne zeige ich Dir die Möglichkeit, den Weg des Ypsilons zu erleben.